Vergesst das Stethoskop, lernt Lungenultraschall! Die Sensitivität und Spezifität der Auskultation ist leider nicht überzeugend. Ja klar, eindeutige Befunde höre ich! Jedoch haben z.B. auch Rasselgeräusche bei dem Verdacht einer dekompensierten Herzinsuffizienz nur eine Sensitivität von 62 % bei einer Spezifität von 67%. Dementsprechend ist die positive/negative Likelihoodratio ungenügend – es hilft mir also nicht weiter! Die einzige Indikation für das Stethoskop sehe ich noch bei der Auskultation einer Spastik. Was hilft mir dann aber weiter?
Und da sind wir beim Lungenultraschall. Bis vor kurzem noch verpönt „die Lunge kann man ja gar nicht schallen, da ist ja Luft drin“ – macht sich Daniel Lichtenstein auf dem beschwerlichen Weg den Lungenultraschall zu etablieren. Und siehe da, vor zwei Jahren wurde durch die Kollegen der Radiologie im Schockraum noch kaum ein Lungenultraschall zum Ausschluss eines neues durchgeführt, jetzt ist es Standard! Letztendlich ist 2012 die erste Leitlinie zum Lungenultraschall veröffentlicht worden.
Wie beginne ich also die Lunge zu schallen. Das hängt ganz von dem Zustand des Patienten und der Fragestellung ab:
Einen stark dys/tachypnoeischen Patienten werde ich kaum sitzend oder stehend untersuchen können, er wird liegen.
Ich muss mir immer vor Augen halten, was meine Verdachtsdiagnose, die es zu erhärten gilt, ist. Dabei sollte ich an die physiologischen Gegebenheiten denken. Ein Pneumothorax wird beim liegenden Patienten primär ventral, beim stehenden jedoch ventroapikal sein – also schalle ich diesen auch ventral/ventroapikal. Ein Pleuraerguß findet sich bei liegenden Patienten dorsal, also schalle ich dorsal. Die Pleuritis suche ich da, wo es weh tut. Lungeninfarkte bei Lungenembolie treten eher rechts basal (38 %) auf, danach links basal (28 %).
Welchen Schallkopf nehme ich?
dies hängt auch wieder vom Untersuchungsverfahren ab. Mache ich zum Beispiel einen Lungenultraschall im Rahmen eines eFast-Protokolls, kann ich gleich den sowieso genutzten Sektorschallkopf (S8-3) oder Konvexschallkopf (C5-2) verwenden. Damit kann ein Pleuraerguss sicherlich gut gesehen werden. Ich finde jedoch, dass zum Beispiel das Pleuragleiten viel leichter mit dem Linearschallkopf (L12-4) erkannt werden kann.
Die Hand-Held-Sonogeräte besitzen oft nur einen Schallkopf, siehe Geräte (folgt noch)
Ganz klar, will ich die Pleura beurteilen ist der Linearschallkopf, besonders für den Anfänger, am besten geeignet. Dieser bietet die höchste Nahfeldauflösung, die Pleura ist meist nicht sehr tief gelegen. Außerdem lässt sich longitudinal genau ein Interkostalraum darstellen.
Legen wir los!
Primäreinsatzgebiet des Lungenultraschalls ist die „Dyspnoe“ – hier ist ein Vorgehen nach dem BLUE-Protokoll (BLUE=Bedside Lung Ultrasound in Emergency) von D. Lichtenstein sinnvoll. Weitere Anwendungssymptome/gebiete wären der Schock/Volumenmanagement, Thoraxschmerzen und das Trauma.
Ventral - BLUE-Punkte
Ein Patient*in mit Dyspnoe liegt vor uns. Ich fange ventral mit dem Linearschallkopf an. Diesen setzte ich ungefähr medioklaviculär im ca. 3. ICR (oberer BLUE-Punkt) an. Selbiges danach am unteren BLUE-Punkt: vordere Axillarlinie ca. 5. ICR.
B-Bild: Hier sehe ich nun jeweils die obere und untere Rippe, dazwischen die Brustwand, den Interkostalraum und darunter die echoreiche Pleuralinie. Diese wird durch die normalerweise atemabhängig gleitenden Pleurablätter gebildet -> Pleuragleiten. Sie ist fein und echoreich. Als Wiederholungsartefarkte zeigen sich die A-Linien, diese sind immer im gleichen Abstand (Abstand Brustwand – Pleuralinie = Abstand Pleuralinie – A-Linie).
M-Mode: Im M-Mode zeigt sich das berühmte Seashore-Zeichen, die Wellen = Brustwand, die auf den Strand treffen = grieseliger Sand. Dies entsteht nur bei sich bewegender Pleura viszeralis und somit anliegender und ventilierter Lunge.
Die Herzaktion überträgt sich bei anliegenden Pleurablättern auf diese. Meist ist der sogenannte Lungenpuls bei ventilierter Lunge nicht gut identifizierbar. Falls jedoch eine Lunge nicht ventiliert ist z.B. in Atemruhelage oder bei Intubation ohne Ventilation wird kein Pleuragleiten sichtbar, aber der Lungenpuls. Jedoch kann er leider oft diskret sein oder nicht überall gesehen werden (z.B. wenn das Herz weit weg ist – rechte Lunge, oder bei schwachem Herzschlag). Wenn vorhanden kann dieser im B-Bild oder M-Mode gesehen werden.
Der Lungenpuls im M-Mode. Man sieht nach jedem QRS-Komplex eine gleichförmige Übertragung auf die Pleura. Hier eine Aufnahme mit dem Sektorschallkopf.
Nun haben wir Pleuragleiten, A-Linien, das Seashore-Zeichen und den Lungenpuls kennen gelernt. Wie hilft uns das weiter? Lichtenstein teilt beim Lungenultraschall die verschiedenen „Muster“ in Profile ein. Hier die Lichtensteinsche Nomenklatur – ja diese ist etwas gewöhnungsbedürftig!
A-Profil: Beim Gesunden zeigt sich ein A-Profil. Durch das Atmen kommt es zum Lungengleiten. Die Pleuralinie ist fein begrenzt, echoreich und es zeigen sich z.B. nicht ≥ 3 B-Linien (Lung Rockets). Dies kann aber auch bei z.B. einer COPD/Asthma auftreten.
Pseudo-A-Profil: Es zeigt sich kein Lungengleiten, aber ein Lungenpuls. Vorkommen: z.B. bei Atemruhelage/Apnoe, aber auch bei nicht ventilierter Lunge, beim akutem schwerem Asthmaanfall.
A‘-Profil: Wenn kein Lungengleiten/Lungenpuls gesehen wird, die Pleuralinie jedoch fein begrenzt und echoreich ist und keine B-Linien vorhanden sind, liegt ein A‘-Profil vor. Vorkommen: z.B. beim Pneumothorax, aber auch z.B. bei Pleurodese, Herzkreislaufstillstand, Pneumektomie
’=Apostroph: dies bedeutet immer aufgehobenes Lungengleiten (egal bei welchem Profil)
Bisher haben wir den Patienten von ventral bzw. ventroapikal geschallt. Nun wollen wir die dorsalen und dorsokaudalen Lungenabschnitte beurteilen. Hier gib es nach Lichtenstein 2 Punkt: den
PLAPS-Punkt: (PLAPS bedeutet posteriores und/ oder laterales alveolares und/oder pleurales Syndrom). Dieser ist ganz weit poserior und kaudal, man schallt von poserior nach ventral „zum Himmel“
Phrenic-Punkt: dieser ist lateral und kaudal gelegen, also ein Längsschnitt durch den costophrenischen Winkel. Offiziell ist er nicht Teil des BLUE-Protokolls. Jedoch meist bei liegendem Patienten praktikabler als der drossle PLAPS-Punkt.
Was erwarte ich an diesen kaudalen Arealen – Flüssigkeit und Infiltrate. Also alles, was nach unten sinkt (bei Liegendem Patienten). Ich suche also Ergüsse, Emypeme und auch eine Hepatisierung der Lunge.
Auch hier ist die Nomenklatur etwas holprig.
eigentlich wird mit PLAPS nur ausgedrückt, ob ein Erguss und/oder Infiltration vorliegt. Daher wäre ein Normalbefund: es zeigt sich am PLAPS-/bzw. Phrenic-Punkt kein Erguss und/oder Infiltrat, eine normale Zwerchfellbewegung bei feiner Pleuralinie.
Rechtsseitig am Phrenic-Punkt zeigt sich im Längsschnitt: apikal die Lunge, mit der Pleuralinie und den A-Linien, kausal das Zwerchfell und die Leber. Im Standbild oft natürlich schwer zu beschreiben.
Linksseitig am Phrenic-Punkt: apikal die Lunge, erneut die Pleuralinie mit den A-Linien und kausal die Milz. Im „Standbild“ keine Aussage über ein Lungengleiten möglich, entweder zur Dokumentation eine Aufnahme im M-Mode oder Video.
Im Video wandert die Lunge atemabhängig über das Zwerchfell/Leber bzw. Milz. Dies wird als Curtain(Vorhang)-Zeichen beschrieben (ist aber ausnahmsweise keine Nomenklatur von D. Lichtenstein). In diesem Bereich erwarten wir die Ergüsse, die schon ab 5 ml gesehen werden können. Weiterhin zeigen sich hier dorsokaudal auch die Unterlappenpneumonien.
weitere Bilder und Videos
Hier noch weitere Bilder und Videos vom Lungensono.